Stefan Heiligtag

Laura Hawkins – Wer das Feuer entfacht

Ein Thriller, der tief in die Psyche ihrer Figuren eindringt und uns ihre Abgründe nahebringt

Klappentext

Ein schreckliches Verbrechen. Drei verdächtige Frauen. Ist eine von ihnen fähig zu töten? Der Nr.-1-Bestseller aus England und den USA von Paula Hawkins!

Auf einem Hausboot in London wird die Leiche eines brutal ermordeten jungen Mannes gefunden. Besonders drei Frauen geraten danach ins Visier der Ermittlungen.
Laura, die aufgewühlt wirkende junge Frau, die nach einem One-Night-Stand mit dem Opfer zuletzt am Tatort gesehen wurde. Carla, die Tante des Opfers, bereits in tiefer Trauer, weil sie nur Wochen zuvor eine Angehörige verlor. Und Miriam, die neugierige Nachbarin, die als Erste auf die blutige Leiche stieß und etwas vor der Polizei zu verbergen scheint.
Drei Frauen, die einander kaum kennen, mit ganz unterschiedlichen Beziehungen zum Opfer. Drei Frauen, die aus verschiedenen Gründen zutiefst verbittert sind. Die auf unterschiedliche Weise Vergeltung suchen für das ihnen angetane Unrecht. Wenn es um Rache geht, sind selbst gute Menschen zu schrecklichen Taten fähig. Wie weit würde jede einzelne von ihnen gehen, um Frieden zu finden?

Meine Meinung

Ich habe ein wenig mit mir gerungen, ob ich „Girl on the train“ oder dieses Buch von Paula Hawkins besprechen soll. Ich habe mich für „Wer das Feuer entfacht“ entschieden, obwohl es nicht ganz so spannend und gerade, weil es nicht so bekannt ist, wie der der Nummer 1 Bestseller von 2015.  

Auch „Wer das Feuer entfacht“ ist aus den Perspektiven von drei Frauen geschildert, wobei  hier jedoch nicht aus der Ich-, sondern der Sie-Perspektive erzählt wird. Ähnlich wie die sperrige Heldin Rachel  aus „Girl on the train“ sind uns diese drei Frauen nicht auf Anhieb sympathisch, eher im Gegenteil. Das gilt vor allem für die junge Laura, die durch ihr aggressives Verhalten von einer Schwierigkeit in die nächste stolpert und Miriam, die Hausbootnachbarin, die die Leiche von Daniel Sutherland fand. Aber das gehört wohl zum Schreiben von Laura Hawkins, dass sie sich gerade mit solche Charakteren beschäftigt und versucht, uns ihre Beweggründe nahezubringen.

Ich könnte mir vorstellen, dass einige Leser das langatmig und vielleicht sogar verwirrend finden; für mich ist es das Herz dieses Buches, denn nur aus dem Verständnis der Geschichte der handelnden Figuren erklärt sich, wieso Daniel Sutherland getötet wurde. Vor allem deshalb mag ich das Buch, und darin hat für mich auch der Thrill gelegen. Man fragt sich unwillkürlich, ob ein solcher Schicksalsschlag dafür verantwortlich sein kann, dass diese Person Daniel umgebracht hat. Darüber hinaus hat mich interessiert, inwieweit die handelnden Figuren die Chance haben, sich aus ihren traumatischen Verstrickungen zu lösen. In einem Fall finde ich, dass die Autorin einen wunderbaren Weg dorthin aufgezeigt hat.

Dieser Thriller ist im Kern auch ein whodunit-Krimi, denn Daniel Sutherland war kein sympathischer junger Mann, und in seinem kurzen Leben hat er sich viele Feinde gemacht. Er wuchs bei seiner alkoholkranken Mutter auf, und seinen Vater kannte er nicht. Anfangs unterstützte ihn seine reiche Tante Carla, die dritte Figur, aus deren Perspektive der Roman geschrieben ist. Doch auch ihr Wohlwollen verlor Daniel, denn er entwickelte sich im Laufe seiner Jugend bis zu seinem Tod zu einem unfreundlichen, egoistischen jungen Mann. Auch Laura gegenüber, mit der er kurz vor seinem Tod Sex hatte, verhielt er sich wie ein Mistkerl, weshalb sie stinksauer auf ihn ist.

Wir lernen noch weitere Verdächtige kennen, unter anderem Miriam, die Nachbarin, die sich merkwürdig verhält und die die Polizei anlügt. Aber auch Carlas Exmann scheint etwas mit dem Mord an Daniel zu tun zu haben. Er ist ein berühmter Romanautor. Einer seiner Krimis wird immer wieder zitiert, und man gewinnt den Eindruck, dass Autor und Roman mit dem Mord an Daniel in Verbindung stehen.

In diesem Zusammenhang will ich auf die Zeitsprünge eingehen, in die uns die Autorin ohne Vorwarnung hineinwirft. Manchmal ist es die fernere Vergangenheit, zum Beispiel, als der Tod von Claras Sohn erzählt wird, manchmal ist es das letzte Wochenende , an dem Daniel ermordet wurde. Diese Zeitsprünge und die Perspektivwechsel waren auch mir manchmal ein bisschen viel, obwohl ich kurz darauf immer schnell begriffen habe, worum es geht. So manchen dürfte das aber verwirrt haben. Die Auflösung fand ich absolut überzeugend. Eine klare Leseempfehlung.

Fazit

Laura Hawkins versteht es, die Verletzungen, Traumata und Beweggründe ihrer Protagonisten auf berührende Art zu beschreiben und in eine und spannende Handlung einzuweben, aus der sich der Mord fast zwangsläufig ergibt.

                                                              5 von 7

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