Klappentext
Eigentlich ganz clever: Lukas heiratet zum Schein seine Mitbewohnerin Ines, damit sie Steuern sparen kann. Doch dann zieht unter ihnen ihr Finanzbeamter ein; Ekkehard Stöckelein-Grummler. Nun müssen Ines und Lukas richtig Ehe spielen – was nicht wirklich gut funktioniert. Und Ekkehard setzt sich auch noch in den Kopf, die »Beziehung« seiner neuen Freunde zu retten.
Meine Meinung
Diese Liebesgeschichte lebt von dem ironisch-witzigen Ton des Ich-Erzählers Lukas. Wer diesen Humor mag, dem wird dieses Buch gefallen. Wer ihn nicht mag, wird sich wohl über manches aufregen, weil er oder sie es nicht witzig findet.
Zum Beispiel die detaillierten technischen Beschreibungen, mit denen Ekkehard Stöckelein-Grummler Lukas schon bei ihrer ersten Begegnung überschüttet. Dem HIfi-Pedanten ist nichts so lieb und teuer wie seine 50.000 Euro teure Hifi-Anlage. Lukas hat seinem neuen Nachbarn gerade beim Umzug geholfen, der zwar nur aus dessen Anlage besteht, jedoch zwei „tonnenschwere“ Granitboxen beinhaltet, die er und Ekkehard mit vielen „Hrrrgns!“ in die dritte Etage hieven. Als Lukas sich den letzten Karton schnappt, stellt er überrascht fest, wie leicht dieser ist, woraufhin Ekkehard warnt:
»Um Himmels willen, seien Sie bloß vorsichtig!«
»Ah, Porzellan?«
»Nein. Die Kabel!«
»Aha, Kabel.«
»ETI Quiessence Reference mit Hybrid-Bullet-Cinchsteckern. Kosten 7000 Euro pro Meter.«
7000 Euro pro Meter. Nein, er will mich nicht verarschen. Dafür ist er nicht der Typ. Außer … Vielleicht ist er Profischauspieler und wir werden die ganze Zeit mit versteckter Kamera gefilmt?
Fünf Minuten später sitze ich in seiner Wohnung auf der Matratze … und er beginnt vorsichtig, wie ein Archäologe in einer Ausgrabungsstätte die Riesenkisten von den Luftpolsterfolienschichten zu befreien. Wenn das eine Versteckte-Kamera-Streich wäre, müsste dort jetzt ein Fernsehmoderator mit Mikrofon in der Hand herausgekrabbelt kommen.
Es ist aber wirklich eine Hifi-Box. Komische Form. Wie ein gigantisches Horn. Und, tatsächlich, alles aus Stein. Ich gucke meine Arme an und will nicht glauben, dass sie noch vor wenigen Minuten dieses Ding hochgehievt haben. Ausgepackt sieht es nämlich eher aus, als ob man einen mittleren Gabelstapler dazu bräuchte.
Ohne seinen Humor würde uns Lukas wahrscheinlich kaum interessieren. Er ist Mitte 30 und arbeitet als Verkäufer für Herrenunterwäsche bei Karstadt. Es ist ein Job, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen, weshalb er gerne bei dem Schwindel seiner Mitbewohnerin Ines und deren Freund Bernd mitmacht, Steuern sparen, indem Lukas und Ines heiraten. Seine einzige Leidenschaft ist Jazzmusik und seine Angebetete Vanessa, die ihn aber seit acht Jahren auf Abstand hält. So lebt Lukas in den Tag hinein und hält an seiner Lebenslüge fest, er und Vanessa könnten irgendwann mal ein richtig gutes Paar werden.
Was mir an dem Roman außerordentlich gut gefällt, ist der Plot, denn es stellt sich heraus, dass der linkische Ekkehard nicht nur Hifi-Fan, sondern offensichtlich ihr zuständiger Sachbearbeiter beim Finanzamt ist. Das erfahren Ines und Lukas aber erst, nachdem sie sich mit ihm angefreundet haben und sich um den jungen Mann zu kümmern, der von seiner Freundin verlassen wurde. Mit viel Situationskomik und einer Menge überraschender Wendungen steuert die Geschichte schließlich auf ihren Höhepunkt zu.
Obwohl es sich um eine Liebeskomödie handelt, gelingt es Matthias Sachau unheimlich gut, die traurigen, die verzweifelten Momente, die Lukas durchlebt, erfahrbar zu machen. Zum Beispiel, als Ines ihm mitteilt, dass sie aus ihrer Wohnung auszuziehen und sich von ihm scheiden lassen will:
Nachdem Ines zu Bernd verschwunden ist, smse ich Vanessa kurz, dass ich k.o. bin, und falle aufs Sofa. Wie soll ich das, was ich fühle, beschreiben? Eine 1000-Watt-Flex mit 350er Diamanttrennscheibe, die mir von einem muskelbepackten Bauarbeiter in einem fort kreuz und quer über den Brustkorb gezogen wird – nur noch viel schlimmer? Eine Sekunde dauert für mich eine Ewigkeit. Und daran hängt sich unerbittlich die nächste Sekunde. Und dann schon wieder eine. …
Der Bauarbeiter mit der Flex ist irgendwann verschwunden, aber ich habe es gar nicht bemerkt, denn in meinem Hals ist inzwischen ein Riesenkloß aus Eisen gewachsen, der nun mein gesamtes Schmerzbewusstsein für sich beansprucht. Ich kann nicht weinen. Ich kann nicht über meine sagenhafte Dämlichkeit lachen. Ich fühle mich nicht einmal in der Lage, meinen Kopf kräftig auf die Tischplatte zu hauen. Ich kann gar nichts.
Fazit
Es zeichnet Matthias Sachaus genial-witzigen Schreibstil aus, dass ich jederzeit mit seinem Helden Lukas mitgezittert und gerne jedes Auf und Ab mit ihm durchlitten habe.