Stefan Heiligtag

Mona Kasten – Fallen Princess

Spannender Auftakt zur Everfall Academy-Reihe mit einer mutigen Protagonistin, die sich von einer Prinzessin zur Kämpferin für die Wahrheit und ihre Freunde mausert.

Klappentext

Als die siebzehnjährige Zoey King den Tod eines Mitschülers voraussieht, wird ihr Leben völlig auf den Kopf gestellt. Denn statt der Gabe des Heilens, die sie eigentlich von ihrer ruhmreichen Mutter erben sollte, ist sie eine Banshee, die Todesmagie besitzt. Von dieser Erkenntnis erschüttert, muss sie an der Everfall Academy den Zweig wechseln und bekommt Dylan Dae Park als Mentor an die Seite gestellt, einen Reaper, der anderen mit einer bloßen Berührung die Seele entreißen kann und Zoey nun dabei helfen soll, mit ihrer neu erweckten Magie umzugehen. Doch der Tod ihres Mitschülers lässt ihr keine Ruhe. Als sie beschließt, den Fall genauer unter die Lupe zu nehmen, findet sie nach und nach heraus, dass mehrere Leute an der Akademie dunkle Geheimnisse hüten. Allen voran Dylan, bei dessen Anblick ihr Herz immer schneller schlägt …

Meine Meinung

Zu Beginn von Fallen Princess wohnt Zoey im Golden Leaves, im Haus des Lebens an der Everfall Academy, wo Nachfahren von Göttern der Tuatha De Danann zur Schule gehen. Alle Nachfahren der Tuatha De Danann besitzen magische Fähigkeiten (Gaben), die sich im Laufe der Pubertät ausbilden. Zoey lebt in ihrer Welt wie eine Prinzessin, denn sie entstammt wie ihr Freund, der attraktive Beau, einer mächtigen Ratsfamilie. Außerdem ist sie Miss Everfall, und ihr größtes Problem besteht darin, die Ansprüche ihrer ehrgeizigen Mutter zu erfüllen.

Das ändert sich, als Zoeys Gabe erwacht. Sie sieht voraus, wie einer ihrer Mitschüler stirbt, was Minuten später auch tatsächlich eintritt. Leider ist es nicht die Gabe (Magie), die Zoey, ihre Freunde und vor allem ihre Mutter herbeigesehnt haben. Sie ist eine Banshee, und von einem Tag auf den anderen distanzieren sich alle Menschen, die Zoey etwas bedeuten, von ihr – auch ihre Mutter, weil der fest im Rat eingeplante Platz für Zoey nicht mehr für sie erreichbar ist.

Mona Kasten schildert Zoeys Misere anschaulich. Wir leiden mit ihr, als sich ihre Freunde, sogar Beau, von ihr zurückziehen und sie einen Großteil ihrer Privilegien verliert. Als erstes muss sie Golden Leaves verlassen und zu den Silver Ravens ziehen, wo die Schüler mit dunklen Kräften wohnen. Diese werden von den Schülern gemieden anderer Häuser. Je nachdem, wie furchteinflößend die jeweilige Magie ist, kann das bis zur Ausgrenzung gehen, weil sie Angst vor ihnen haben.

Wobei mir diese Angst und Ausgrenzung nicht wirklich einleuchtet. Offensichtlich besteht die Tuatha De Danann-Nachfahren schon seit Jahrhunderten, und da sollte es doch klar ein, dass, wer dunkle Kräfte hat, sie nicht gegen seine Mitschüler richtet. Es wird auch nicht berichtet, dass so etwas dauernd vorkäme oder vorgefallen wäre. Zoeys neue Mitbewohnerin ist wegen ihrer magischen Veranlagung besonders von der Ausgrenzung betroffen; ebenso ihr Mentor Dylan. Auch Zoeys Ansehen als Banshee hat dramatisch gelitten, und fast alle früheren Mitschüler brechen den Kontakt zu ihr ab, weil sie befürchten, sie könnte voraussehen, dass ihnen etwas Schlimmes passiert. Auch das leuchtet nicht besonders ein, denn die Banshee  beschützen die Ratsfamilien und bewahren sie davor, Anschlägen zum Opfer zu fallen. Es wird auch nicht berichtet, dass sie ihre Kräfte missbrauchen würden, weshalb hier dieselbe Anmerkung gilt wie zu der Ausgrenzung der Schüler der Silver Ravens generell. Für mich war klar, dass Mona Kasten dieses Setting vor allem deshalb so gesetzt hat, damit ihre junge Heldin es möglichst schwer hat und sie damit ein umso höheres Potenzial hat, sich zu entwickeln. Deshalb wäre eine plausible Erklärung schön gewesen.

Hingegen gelingt es Mona Kasten beeindruckend gut, die Entwicklung ihrer Heldin plausibel und plastisch darzustellen. Zoey ist eine Kämpferin, sie erlaubt  es sich nicht, in ihrem Elend zu versinken und stellt sich mutig den Herausforderungen. Um Spoilern zu vermeiden, gehe ich an dieser Stelle nicht ins Detail, aber es macht Spaß, diesen Weg mitzuverfolgen.

Zoey findet gerade zu jenen Schülern Zugang, die von anderen besonders gemieden werden, und sie hilft ihrer neuen Zimmernachbarin, den Tod des Schülers aufzuklären, weil dieser ihr sehr nahe gestanden hatte. Ich habe Zoey gerne dabei zugesehen, wie sie diese Mission mit aller Entschiedenheit vorantreibt und dabei diverse Schulregeln überschreitet, was sie vorher nie getan hätte. Es macht Zoey liebeswert, wie sie sich für ihre neuen Freunde einsetzt. Andererseits versucht sie, den Kontakt zu Beau und ihren alten Freunden aufrecht zu erhalten, was authentisch und nachvollziehbar geschildert wird. Sie entwickelt sich von einer eher auf Äußerlichkeiten und Status bedachten Person zu einer Kämpferin, die sich für andere und die Wahrheit einsetzt.

Dies wird in einem flüssigen Schreibstil geschildert. Schon der allererste Absatz in Kapitel 1 hat mir wegen seiner tollen Vergleiche und der schönen Übertreibungen gut gefallen: „Mir war schlecht. Genau genommen fühlte sich mein Magen an, als wäre ich ungefähr zwanzigmal Achterbahn mit Looping gefahren. Unter den zehn Schichten Make-up, die mir an diesem Abend aufgetragen worden waren, sah ich zweifellos aus, wie ein grün angelaufener Schimmelkäse – doch davon bekam hoffentlich niemand etwas mit.“

Den Schreibstil kennzeichnet auch, dass wir in fast jedem Kapitel in eine spannende Situation hineingestellt werden, in der es Auseinandersetzungen und / oder Rätsel aufzuklären gilt. Dabei spielt auch Geschichte der Tuatha De Danann eine Rolle. Gut gefallen haben mir auch die Dialoge, die  mit viel Schneid geführt werden und die Beteiligten gut zur Geltung bringen.

Neben Zoey ist der spannendste Charakter sicherlich der düstere, verschlossene Dylan, der ihr als Mentor zugeteilt wurde und sich zunächst nicht kooperativ verhält – eher im Gegenteil. Die Entwicklung dieser Beziehung und ihre nachvollziehbare Annäherung ist schön mitzuverfolgen.

Beim Schluss hat mir vieles gefallen und einiges nicht. Zwar steigert sich die Spannung kontinuierlich bis zum furiosen Finale, aber die Umsetzung hat aus meiner Sicht zwei Schwächen, die leider häufig in Spannungsromanen zu beobachten sind. Sowohl Zoey als auch die Bösewichte verhalten sich am Ende unnachvollziehbar dämlich. Das hätte die Autorin ohne großen Aufwand deutlich logischer gestalten können. Auch hat mich gestört, dass Zoey ihre Fähigkeiten manchmal einsetzen kann und manchmal nicht. Das könnte man vielleicht noch mit ihrer Erschöpfung erklären, aber dass ihre Mitstreiter ihre Fähigkeiten gar nicht einsetzen, hat mir überhaupt nicht eingeleuchtet. Hätten sie es getan, wäre das Finale sofort beendet gewesen. Ich will dieses Manko nicht überbewerten, weil es nach meiner Erfahrung sehr sehr oft in diesem Genre vorkommt und sich die Autorin vielleicht nur den Gewohnheiten ihrer Leserinnen und Leser angepasst hat. Trotzdem bekommt „Fallen Princess“ von mir eine klare Leseempfehlung. Vor allem Genre-Fans werden das Buch genießen.

Fazit

Ein guter Auftakt zu der Everfall Academy-Reihe. Der erste Band wird all jenen gefallen, die Intrigen, magische Fähigkeiten und das Knistern lieben, das bei starker gegenseitiger Anziehung zwischen zwei Menschen entsteht.

                                                    5 von 7 Punkte.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Weitere Beiträge