Klappentext
Der Papst ist tot.
Er war alt, aber die Todesumstände sind mysteriös. Die um den Heiligen Stuhl buhlenden Gegner formieren sich: Traditionalisten, Modernisten, Schwarzafrikaner, Südamerikaner … Kardinal Lomeli, den eine Glaubenskrise plagt, leitet das schwierige Konklave. Als sich die Pforten der Sixtinische Kapelle hinter den 117 Kardinälen schließen, trifft ein allen unbekannter Nachzügler ein. Der verstorbene Papst hatte den Bischof von Bagdad im Geheimen zum Kardinal ernannt. Ist der aufrechte Kirchenmann der neue Hoffnungsträger in Zeiten von Krieg und Terror oder ein unerbittlicher Rivale mit ganz eigenen Plänen? Alle Kandidaten sind heilige Männer, aber jeder ist von irdischem Ehrgeiz getrieben. Die Gegner sind zahlreich, aber es kann nur einen Heiligen Vater geben, unfehlbar und ausgestattet mit der Macht Gottes auf Erden. Die Welt wartet, dass weißer Rauch aufsteigt …
Meine Meinung
In diesem Roman wählen 118 Kardinäle nach dem Tod des alten Papstes aus ihren Reihen einen neuen Papst. Klingt langweilig, ist es aber nicht. Einmal, weil es um die Wahl in der ältesten Institution der Welt geht, deren Regeln und Abläufe schon für sich interessant sind. Zum anderen lernen wir das Konklave als Spielwiese kennen, wo mächtige Kardinäle um Macht und Einfluss ringen. Obwohl Robert Harris immer wieder betont, dass er sich die Handlung vollkommen ausgedacht hat, sind die Parallelen zur Wirklichkeit unverkennbar.
Im Mittelpunkt der Handlung stehen sechs Kardinäle, von denen vier unbedingt Papst werden wollen. Da ist zum einen der Ich-Erzähler, Jacopo Lorneli, der als Dekan für die Durchführung des Konklaves zuständig ist. Er befindet sich in einer Glaubenskrise; der verstorbene Papst hatte seinen Wunsch, von seinem Amt zurückzutreten, abgelehnt. Gute Chancen, Papst zu werden, hat einmal Joshua Adeymy. Der charismatische afrikanische Kardinal hofft, der erste schwarze Papst zu werden. Auch der Kanadier Joseph Tremblay hat viele Anhänger, und Aldo Bellini; der Noch-Kardinalssekretär ist die liberale Hoffnung einer starken Fraktion von italienischen Kardinälen. Goffredo Tedesco ist sein erzkonservativer, italienischer Widerpart. Auch Kardinal Benitez aus Bagdad wird eine Rolle spielen. Er wurde vom alten Pabst heimlich (in pectore) zum Kardinal ernannt. Keiner der Anwesenden kennt ihn, aber auf den Philippinen und in Teilen Afrikas ist er seit Jahrzehnten als Kirchenmann bekannt, der sich aktiv um die Ärmsten der Armen in den Slums dieser Länder verdient gemacht hat.
Die Machkämpfe schildert Harris so spannend, dass man den Roman durchaus als Thriller bezeichnen kann. Nein, außer dem alten Papst, gibt es keine Toten, aber wir lernen die menschlichen Abgründe mächtiger Kardinäle kennen, was kein schmeichelhaftes Bild von den mächtigsten Männern der katholischen Kirche zeichnet. Sie wollen an die Macht, um die katholische Kirche in eine bestimmte Richtung zu entwickeln. Obwohl die menschlichen Abgründe geballt auftreten, hatte ich als Leser zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, dass die Geschehnisse völlig übertrieben dargestellt sind. Im Gegenteil. Robert Harris beschreibt völlig nachvollziehbar, welche Faktoren für die 118 Kardinäle maßgeblich sind, einem der Ihren ihre Stimme zu geben. So wird das wohl auch in einem echten Konklave ablaufen – wie realistisch das ist, mag jede Leserin für sich entscheiden.
Der Eindruck von „Realismus“ entsteht auch deshalb, weil Robert Harris die Örtlichkeiten, Regeln und Abläufe rund um das Konklave akribisch recherchiert hat. Allein das macht das Buch lesenswert. Das beginnt mit den Begriffen. Harris nennt uns die Titel und Ämter (Dekan, Kardinalssekretär etc.) der Kardinäle, und er weiß, wann man sie als Eminenz ansprechen kann. Er kennt die örtlichen Gegebenheiten, die im Buch auf einer Karte abgebildet sind, und wir erfahren unter anderem, dass die Kardinäle am ersten Tag des Konklaves um sechs Uhr abends in der Sixtinische Kapelle eingeschlossen werden und von da an keinen Kontakt zur Außenwelt aufnehmen dürfen. Gebannt verfolgen wir mit, wie das Wahlverfahren abläuft, und wir lernen, dass die apostolische Konstitution es Benitez erlaubt, an der Wahl teilzunehmen, obwohl er vom alten Pabst ‚nur‘ in pectore zum Kardinal ernannt wurde.
Bis auf die Schlusspointe, die mir dann doch übertrieben erschien, hat mir der Roman durchweg gut gefallen. Ich habe ihn in einem Rutsch durchgelesen.
Fazit
Konklave überzeugt durch einen gut orchestrierten, spannenden Plot, die ausgezeichnet recherchierten Fakten um die Abläufe und die Geschichte des Konklaves und die kenntnisreichen Parallelen zur heutigen Kirchenpolitik, die in die Handlung eingeflossen sind. Es entsteht der Eindruck: „Ja, so könnte sich eine Papstwahl abspielen.“