Stefan Heiligtag

Wolf Haas – Müll

Der „Brenner“ mal wieder in Höchstform. Sherlock Holmes nix dagegen.

Klappentext

Beim Müll geht es ja immer um das Trennen. Darum sag ich, Müll beste Schule für das Denken. Weil du hast die Kategorien, sprich Wannen. Ohne die klare Trennung kannst du jedes Recycling vergessen. Und da bin ich noch nicht einmal bei den Problemstoffen.“

Auf einem der Wiener Mistplätze (dt.: Altstoff-Sammelzentrum) herrscht strenge Ordnung, bis eines Tages in der Sperrrmüllwanne ein menschliches Knie gefunden wird. Schnell tauchen in anderen Wannen weitere Leichenteile auf, die entgegen der Mistplatz-Ordnung und zum großen Leidwesen der Müllmänner allesamt nicht korrekt eingeworfen wurden. Nur vom Herz des zerlegten Toten fehlt jede Spur. Die Kripo weiß nicht weiter. Zum Glück ist unter den Müllmännern ein Ex-Kollege, der nicht nur das fehlende Herz samt Begleitschreiben findet, sondern auch nie vergessen hat, was man bei Mord bedenken muss. Und damit steckt Simon Brenner nicht nur in einem neuen Fall, sondern auch bis zum Hals in Schwierigkeiten.

Meine Meinung

Schon der Klappentext deutet an, dass wir es beim Lesen von „Brenner“-Romanen von Wolf Haas mit einer besonderen Sprache zu tun haben – einer Sprache, die man liebt, oder auch nicht. Ich finde den Schreibstil des Autors, der eher ein Redestil ist, urkomisch. Das ist auch der Hauptgrund, warum  ich euch dieses Buch vorschlage und mit ihm alle anderen „Brenner“-Romane.

Den Ausgangspunkt der Handlung ist ein Recyclinghof (Mistplatz), auf dem, säuberlich getrennt in verschiedenen Wannen (Wertstoff-Containern) die Leiche eines Mannes gefunden wird. Nur das Herz fehlt, was dem Polizisten, der das Verbrechen aufklärt, großes Kopfzerbrechen bereitet. Bei seinen Ermittlungen begegnet der dem „Brenner“, der zurzeit als „Mistler“ tätig ist, aber vor Jahren sein Ausbilder gewesen ist. Er beschließt, den „Brenner“ in die Ermittlungen einzubeziehen. Alles deutet auf eine Beziehungstat, als der Brenner nach einigen Tagen das Herz des Opfers in der Kühltruhe von dessen Geliebter findet; zumal daneben eine handschriftliche Botschaft seiner flüchtigen Ehefrau liegt.

Hauptfigur des Romans ist der Ex-Polizist und Ex-Detektiv Simon Brenner, der sich mal wieder in prekären Lebensumständen befindet; zum Beispiel hat er keine eigene Wohnung. Da trifft es sich gut, dass der ermittelnde Kommissar ihn schätzt und ihn bei sich einzuziehen lässt, weshalb der Brenner immer auf dem aktuellen Stand der Untersuchungen ist. Fast ebenso wichtig ist der körperlose, allwissende Ich-Erzähler, der im Gegensatz zum maulfaulen Brenner gerne schwadroniert und den Leser mit seiner „Wirtshaus-Sprache“ am Geschehen teilhaben lässt. Sein Redestil zeichnet sich dadurch aus, dass er genauso spricht, wie man es am Stammtisch hören würde und wo ein „Dings“ herhalten muss, wenn dem Sprecher nicht das richtige Wort einfällt, er jedoch unterstellen kann, dass der Leser eh weiß, was er meint. Besonders amüsant sind seine hanebüchen-witzigen Abschweifungen und Schlussfolgerungen, in denen trotz aller Komik viel Wissenswertes enthalten ist.

Über die Geschichte will ich nur so viel verraten: Trotz der leichten Sprache ist sie nicht leicht durchschaubar, wie eigentlich alle Krimihandlungen von Wolf Haas. Außerdem lernen wir eine Menge über den Organhandel, und es gibt weitere Leichen, wobei nicht alle Toten ermordet worden sind. Am Schluss überschlägt sich die Handlung noch einmal, was alle Brenner-Fans begeistern wird.

Fazit

Im neunten Fall des Ex-Polizisten Simon Brenner erfreut uns der Ich-Erzähler von Wolf Haas mit seinem urkomischen Wirtshaus-Sprachstil und verschafft uns ein heiteres Lesevergnügen, bei dem wir eine Menge über Organhandel, Mülltrennung und die Wegwerfgesellschaft lernen.

                                                            6 von 7 Punkten.

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